• Auszubildende sanieren das Gartenhäuschen für die Landesgartenschau

Kreishandwerkerschaft Bodenseekreis

27. Januar 2020

Auszubildende sanieren das Gartenhäuschen für die Landesgartenschau

Nicht nur für Gartenbaubetriebe aus der Region ist die Landesgartenschau eine interessante Plattform. Große Handwerkskunst kommt in den Villengärten zum Einsatz, denn bei der Sanierung des historischen Gartenhäuschens arbeiten unter der Regie der Kreishandwerkerschaft die unterschiedlichsten Gewerke zusammen. Das Beste daran: Vor allem Auszubildende können sich an traditionellen Techniken erproben, die üblicherweise nicht auf dem Ausbildungsplan stehen.

„Wir freuen uns sehr, dass nach längerer Vorbereitung und enger Abstimmung mit der Kreishandwerkerschaft, allen voran Sebastian Schmäh, dieses wunderbare Projekt zustande gekommen ist. Das Gartenhäuschen wird wieder ein Schmuckstück, natürlich unter Aufsicht des Landesamts für Denkmalpflege, und es wird ein Kleinod auch nach der Gartenschau in den Villengärten sein“, so Edith Heppeler, Geschäftsführerin der Landesgartenschau Überlingen 2020 GmbH. Das um 1900 entstandene Holzhaus ist Teil der Open-Air-Bibliothek. Im obersten Stockwerk wird es ein kleines Lesezimmer mit herrlichem Ausblick geben.

Gleich mehrere Gewerke und Firmen beteiligen sich mit großem Engagement am dem Projekt, die Maurer, die Stuckateure, die Zimmerer, die Flaschner, die Sanitärinnung und die Schreiner. „Die Arbeit an einem Denkmal ist für die Lehrlinge eine einmalige Chance und ein Glücksgriff für die handwerkliche Ausbildung“, so Sebastian Schmäh, der die Arbeiten, die nicht nur von der Stadt Überlingen, sondern auch von der Handwerkskammer Ulm/Oberschwaben und der Kreishandwerkerschaft unterstützt und vom Landesamt für Denkmalpflege gefördert werden, koordiniert. Georg Beetz, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft ergänzt: „Das ist die allerbeste Werbung für das Handwerk und die Ausbildung.“

Handwerksmeister und Auszubildende werden gemeinsam an der Sanierung arbeiten. Das Holztragwerk muss gesichert werden und die filigrane Dachkonstruktion verlangt neben Fingerspitzengefühl und Können auch ein besonderes Material. „Die ursprünglich glasierten Ziegel, die längst durch Biberschwanz ersetzt worden waren, waren gar nicht einfach zu beschaffen. Im Klinkerwerk von Julius Rall in Leinfelden sind wir aber fündig geworden, sodass wir da Dach wieder originalgetreu decken können“, sagt Schmäh nicht ohne Stolz. Alte Bilder und Farbbefunde sind auch hilfreich bei der Rekonstruktion der Innenräume. Fensterbänke und Handläufe, die Holzböden und die Innentreppe werden gesichert und gefestigt, die Fenster repariert, die Gefache überarbeitet und der Gebäudesockel trockengelegt. Die ebenfalls recht filigranen Tragwände aus Holz im Obergeschoss und im Dach werden statisch ertüchtigt und dann dürfen die Stuckateure ans Werk und die historische Innenschale wiederherstellen. Das Erdgeschoss ist gemauert und wird instandgesetzt. Die Maler werden den Auszubildenden schließlich mit der Schablonenmalerei vertraut machen.

Es wir in keinem Fall eine „gelackte Sanierung“ werden, wie es Sebastian Schmäh nennt. „Der Ursprungszustand muss noch ablesbar bleiben, man darf noch die alte Handwerkskunst nachvollziehen können. Für uns Handwerker ist dieses Projekt besonders wertvoll, weil wir uns dabei wirklich auf die Ursprünge unseres Handwerks besinnen können und unser Wissen um besondere Techniken an die Jugend weitergeben können.“ Ganz nebenbei stärken auch die einzelnen Gewerke ihr Netzwerk. Schmäh rechnet mit einer Sanierungszeit von zwei bis drei Monaten, aber das Gartenhaus wird in jedem Fall rechtzeitig zur Landesgartenschau fertig.

Die Open-Air-Bibliothek: Es wird sicher die schönste Bibliothek, die man sich vorstellen kann – wenigstens für einen Sommer, den Sommer 2020. Während der Landesgartenschau können die Besucher der Villengärten unter schattigen alten Bäumen sitzen, in bequemen Sesseln und lässigen Liegestühlen Platz nehmen, sich vom Vogelgezwitscher becircen lassen, ihre Blicke und Gedanken übers Wasser schweifen lassen und ihre Nase in ein Buch stecken. Rund 1000 Büchern zur Literatur- und Kulturgeschichte des internationalen Bodenseeraums, mit Werken von Mönch Walahfrid Strabo über Martin Walser bis hin zu jungen Gegenwartsautoren, sind wetterfest untergebracht. Die Vielfalt ist einmalig, Lesen ausdrücklich erwünscht.

Peter Reifsteck, Literatur- und Kulturveranstalter aus Reutlingen, hat das Konzept zur Open-Air-Bibliothek entwickelt. Er ist auch verantwortlich für die Auswahl und die Beschaffung der Bücher, die als Buchspenden von rund 120 Verlagen zur Verfügung stehen. In Überlingen ist Reifsteck bekannt durch die Reihe WortMenue, die er seit 20 Jahren organisiert. Studierende des Bachelor-Studiengangs Architektur der Hochschule Konstanz Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) haben in ihrem ersten Studiensemester in einem zweistufigen Prozess Vorschläge erarbeitet.

Der Entwurf, den die Studierenden gemeinsam mit Lehrlingen aus dem Holzbau umsetzen werden, integriert sich auf sehr einfache, aber wirkungsvolle Art in die Besonderheiten des Ortes. Die Bibliothek ist als langer, schmaler Baukörper aus Holz konzipiert, der zusammen mit dem Gartenhäuschen einen L-förmigen Grundriss bildet und mit dem alten Baumbestand ein räumlich klares Ensemble schafft. So wird ein gefasster Außenraum erzeugt, der sich zum Bodensee hin öffnet.

Das Tragwerk der kleinen Bibliothek bilden sehr sinnbildlich zwei Bücherregale, die sich versetzt gegenüberstehen und über ein flaches Dach verbunden sind. Die so entstehende Diagonalität des Innenraums inszeniert den Weg durch das kleine Haus und bildet Bewegungs- und Ruhebereiche aus. Der vom Gelände abgehobene Boden kann als Sitzstufe und Leseort genutzt werden, eignet sich aber ebenso als Bühne für Lesungen oder andere Veranstaltungen.

Entwurf: Leonie Joseph, Shaghaf Haji Darwish, Tina Hopp, Julia Landowski, Antonia Mörtl, Kübra Osmancikli

Entwurfsbetreuung:

Prof. Myriam Gautschi mit Sandra Römhild, Tobias Diwersy und Andreas Hack
Prof. Joseph Lenz mit Andreas Hack
rof. Stefan Krötsch mit Sabine Schneider und Tobias Müller

Mit 25 000 Euro gefördert wird die Open-Air-Bibliothek von der Internationalen Bodensee-Konferenz (IBK), die für solche Zwecke einen Kleinprojektefonds eingerichtet hat. Die Fördermittel stammen aus dem Interreg-Programm „Alpenrhein-Bodensee-Hochrhein“. Das Holz für die Bibliothek sponsort der Holzfachhandel August Hothhelfer Stockach.